Illustriertes Gartenbau-Lexikon

Dritte, neubearbeitete Auflage, Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin, 1902
Seite 56, altes Gartenwissen neu entdeckt.

Apfel, Apfelbaum

Daß der Apfelbaum schon in den ältesten Zeiten in Europa kultiviert wurde, geht aus den Angaben alter griechischer und lateinischer Schriftsteller mit Sicherheit hervor. Weniger sicher ist es, aus welchen Arten die zahlreichen, jetzt angebauten Sorten hervorgegangen sind. Wahrscheinlich sind mehrere Arten an der Erzeugung derselben beteiligt gewesen. Professor Koch nimmt 4 - 5 Arten als Stammeltern der in unseren Gärten kultivierten Äpfel an: Pirus pumila Mill., P. dasyphylla Borkh., P. silvestris Mill., P. baccata maxima und etwa noch P. spectabilis Ait. Als Kollektivname für den wilden Apfelbaum wird gewöhnlich die Linne'sche Bezeichnung Pirus Malus L. (Pomaceae) angenommen.
Schon bei den alten römischen Schriftstellern findet sich eine verhältnismäßige Anzahl von Sorten erwähnt, bei Horaz Melimelum, der Honigapfel, bei Bacco Orbiculata, Scheibenäpfel, etc.
Während Theophrast nur 3 Apfel- und 2 Birnensorten angiebt, zählt Cato von letzteren schon 6, von ersteren 7, Pinius dagegen 41 und 36, Palladius 56 und 37 auf. Jene Angaben werden aber dadurch etwas unsicher, daß die Römer unter malum auch Quitten, Granaten, Pommeranzen, Citronen und Pfirsichen begriffen.
Nach dem Untergange des Römischen Reiches fand der Obstbau in den Klostergärten die sorgsamste Pflege bis auf die neueste Zeit, und von hier wurden gute Apfelsorten weit durch das Land verbreitet.
In Frankreich wurden schon im 14. Jahrhundert mehrere Reinettensorten ziemlich allgemein kultiviert, der Pipping und der grüne Kurzstiel, Curtipendula, dort Carpendu und Capendu, jetzt Courtpendu, lezterer zur Bereitung einer "köstlichen" Arznei, des Altertums, benutzt.
In Deutschland kannte und pflanzte man Apfelbäume schon zu Karls des Großen Zeiten, doch sind die Namen der zu jener Zeit gebräuchlichen Sorten nicht auf uns gekommen.
In früher Blüte befand sich die Kultur des Apfelbaumes in Schwaben, in der Grafschaft Mömpelgard und im Elsaß, wie auch in Thüringen, Meißen und Hessen.